Der Himmel hilft steuern… eine Multimedia GPS Navigation für's Boot und Yacht.
Ich war auf der Suche nach einer brauchbaren und vor allem bezahlbaren Navigationslösung für eine kleine Motoryacht. Eine normale Navigation mit dem Smartphone, oder gar Geräte für das Auto, scheiden mangels fehlenden nautischen Informationen (Betonnung, Schleusen, Brücken, Tiefen…) aus.
Also bleibt nur der Blick über den Tellerrand hinaus und eine Recherche in verschiedenen Shops für Bootzubehör.
Gute Geräte gibt es schon für wenige Hundert Euro. Sie bieten eine einfache Bedienung, ein ordentlich ablesbares Display, der GPS Empfang ist bereits an Bord und mit dem mitgelieferten Kartenmaterial - ready2go, oder passender: „Leinen los!“
Diese, halbwegs noch erschwinglichen Geräte können aber meist nur Das. Mehr Komfort, wie z.B. ein integrierter Audio- oder Videoplayer, Radio, oder gar TV-Empfang, Surfen im mobilen Internet usw. kauft man entweder mit sehr hohen Aufpreisen, oder man stürzt sich in das Selfmade- Abenteuer.
Herausforderung angenommen… fehlen jetzt nur noch die Komponenten!
Als "Rechenknecht" für das Navigieren, dass Abspielen von Audio und Video und ggfls zum Surfen, kommt für mich nur die Energieeffiziente „Eier legende Wollmilchsau“ schlecht hin in Frage, ein Raspberry Pi 3 Modell B, nebst Speicherkarte mit frisch installiertem und aktualisiertem Raspbian.
Raspbian ist eine, speziell auf dem Raspberry Pi angepasste Linux Version, basierend auf Debian. Sie ist besonders Ressourcenschonend und bringt bereits alles mit, was man als Office PC so alles benötigen könnte. Dazu zählt ein Office Paket zum Erstellen von Texten, Datenbanken, Tabellen, Präsentationen, aber auch ein Internetbrowser und die RPi-Games-Version von Minecraft ist bereits enthalten.Die Energieversorgung soll ein handelsüblicher Step-Down Wandler sicherstellen, der aus 12 Volt Bordnetzspannung, die benötigten 5 Volt und etwa 3 Ampere Strom generiert. Der Raspberry Pi benötigt recht stabile 5V. Mehr, nimmt er mit Sicherheit übel und quittiert ohne Vorankündigung, oder weiteren Schutzfunktion sofort den Dienst!
Für den ersten Aufbau und den Tests im Hobbyraum verwende ich jedoch ein „normales“ Steckernetzteil, welches für den Pi3 geeignet ist, also die empfohlenen Werte von 5,1V und 2,5A liefert.
Ein Gehäuse benötige ich nicht, da ich beabsichtige, Raspberry Pi Platine und ein Display als eine Einheit miteinander zu verbinden.
Das Display, die Qual der Wahl …
Beim Display muss man mehrere Sachen beachten. Will ich das Navi in die Armatur integrieren, soll es nicht übermäßig groß sein. Möchte ich jedoch, zur vernünftig aufgelösten Kartendarstellung auch noch Bilder, Videos oder Games darstellen, sollte die Bilddiagonale nicht zu klein sein.
Ich habe mich für ein, bei Tablets als „Quasi Standard“ durchgesetztes 10 Zoll Format entschieden. Es bietet eine Auflösung von 1024x600 Punkten, die aber allemal als Navi und Bildwiedergabegerät ausreichen, ohne den Prozessor des Raspberry Pi übermäßig mit dem Rendering zu belasten. Zudem bleiben die Buttons und Menüs im Raspbian auch noch per Finger gut zu treffen. Das klappt, da das Display eine berührungsempfindliche Oberfläche hat, die als HID-kompatibles Zeigegerät als Mausersatz dient. Einzig der fehlende, Maus typische Rechtsklick, für z.B. Kontextmenüs, wird sich später als kleiner, aber überwindbarer Stolperstein erweisen…
Ein wichtiger Bestandteil fehlt nun noch… die Hilfe aus dem All!
Ich beginne meine ersten Experimente mit einem GPS Modul, welches direkt auf die GPIO Schnittstelle des Raspberry Pi gesteckt wird. Eine kleine aktive Antenne wird mittels SMA Stecker an das Modul geschraubt und sollte im Freien angebracht oder aufgestellt werden. Dazu verwendet man am besten doppelseitiges Klebeband oder idealer Weise den eingebauten Magnet, der die kleine schwarze Kunststoffbox, in der Größe von etwa einer Streichholzschachtel, fest auf metallischen Oberflächen hält.
benötigte Teile Übersicht:
- 1x Raspberry Pi 3 Modell B
- 1x Micro SD Karte 16GB Class 10 für Betriebssystem und Karten
- 1x 10,1 Zoll HDMI Touchscreen Display für 12V Netzspannung
- diverse Kabel, Stecker, Schrumpfschlauch, Lötutensilien, Werkzeug usw. ...
- 1x HAT kompatibles GPS Modul für RPi GPIO Schnittstelle
- 1x aktive GPS Antenne
Als Software kommt bei den ersten Gehversuchen OpenCPN zum Einsatz.
Ein Vorteil ist, dass sich die "Kartenplotter" Software kostenlos besorgen und auch frei nutzen lässt. Leider ist das Umstellen auf Deutsch nicht so trivial und fix vorgenommen, wie die Installation, daher belasse ich die Sprache, auf international verständliches Englisch stehen.
Die Kartendaten sind als .kap Dateien aus zahlreichen Quellen beziehbar. Teils kostenlos, aber auch von kommerziellen Anbietern. Für große Binnengewässer (Seen und Flüsse) liegen sie mit sehr vielen nützlichen Informationen vor. So lassen sich Touren und Ankerplätze im Vorfeld gut planen. Was ganz wichtig ist, Schleusenzeiten oder Nachtfahrbeschränkungen lassen sich damit in der Planung mit berücksichtigen und einbeziehen.
Die Anzeige der Tonnen (oder auch Bojen genannt), Sperrbereiche, Werften und Häfen sind gut verzeichnet, trifft aber leider nur auf oben genannte großen Gewässer und Wasserstraßen zu. Kleinere und trotzdem befahrbare Flüsse sind jedoch auf den meist kostenlosen Karten etwas ungenauer, oder noch nicht vollständig erfasst. Dort fehlen dann die, für den Skipper so wichtigen Navi Informationen. Grund dafür ist, dass diese Karten entweder von einer kleinen Community gepflegt werden, oder die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) noch nicht alle Bereiche Kartographieren konnte. Abhilfe schaffen kann man mittels Openseamap, einem Ableger von Openstreetmap. Dort kann jeder seinen Teil dazu beitragen, die noch weißen Flecken zu schließen und mit Daten anzureichern.
-- UPDATE--
... Ganz kurz gesagt: Komando zurück! Und alles auf Anfang! ;-)
... es muss doch auch Ausfallsicher, und bestenfalls "Ortsunabhängig" gehen ?!?
Es geht! Also das Projekt kurzum "umgebaut" und neue Komponenten verwendet.
Eine USV musste her, um z.B. Energie-Aussetzer, die beim Start der Maschine(n) auftreten können, zu überbrücken. Das kennt der eine oder andere Autofahrer vom Autoradio beim Startvorgang (Zündung einschalten).
Dies ist für so ein Minicomputer und speziell der verwendeten Speicherkarte nicht förderlich, wenn beim Startvorgang immer ein Neustart des Navisystems erzwungen wird. Deshalb wurde eine USV verwendet (UPS PIco inkl. 450mA Akku). Diese blockiert nun jedoch die GPIO Schnittstelle.
Aus diesem Grund entschied ich mich, das HAT kompatible GPIO Modul durch eine USB "GPS Mouse" zu ersetzen. Die Konfiguration läuft ähnlich ab, wie die Einrichtung des bisherigen Moduls. Unterschiede gibt es weder in der Zuverlässigkeit, noch im Funktionsumfang.
... und dann kam doch alles Anders!
Nun stieß ich auf ein Projekt, welches alle meine Anforderungen erfüllt und noch weitere Vorteile mitbringt.
Bei diesem Projet wird der Raspberry Pi so konfiguriert, (ein Image und eine Anleitung liegt auf der Projektseite vor) dass er ein eigenes WLAN Netz aufspannt.
Darüber kann man sich mit einem z:B. Smartphone, Tablet oder Computer direkt verbinden und die Seekarte im Browser anzeigen lassen! Somit ist man völlig ungebunden und kann die Positionsdaten überall an Bord abrufen. Dies ist besonders Interessant für Eigner, mit zweitem, oder fernbedienbarem Steuerstand. Das Navi ist also immer griffbereit, einfach per Browser des Smartphones!
Ein Display kann zwar, muss aber nicht mehr verwendet werden! Das Gerät kann also auch hinter der Verkleidung, oder in einem geschlossem Gehäuse verschwinden!
Steht an der Marina ein Zugang zum Internet zur Verfügung, verhält sich der Raspberry Pi (Konfiguration vorausgesetzt) so, wie ein normaler WLAN Router. (zweiter WLAN Adapter notwendig!) Sie können dann im Emfangsbereich des Marina-WLANs auch auf das Internet zugreifen, Kartendaten aktualisieren, Updates vornehmen u.s.w.
Weitere Infos, die Konfiguration und auch die benötigte Software findet Ihr auf freietonne.de (Warum das Rad erneut erfinden...)